Vorträge

Freitag

Prof. Dr. Ulrich Pecks

S2k-Leitlinie Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen

»Bei der Eklampsie ist meist der ganze Körper durch die Schwangerschaft erkrankt. Alle Versuche, die Organveränderungen und die daraus sich ergebenden Krankheitserscheinungen aus einem einheitlichen Prinzip zu erklären, haben sich bisher nicht durchzusetzen vermocht.« Hans Hinselmann. Die Eklampsie. 1923. »Die Eklampsie ist eine schwere Form von Präeklampsie, die während der Schwangerschaft auftreten kann. Sie ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch Anfälle und Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Die genaue Ursache der Eklampsie ist nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass sie durch eine gestörte Funktion der Blutgefäße in der Plazenta und den Nieren verursacht wird.« ChatGPT. 2023. Zwischen Hinselmann und ChatGPT bietet die S2k-Leitlinie »Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen« eine Orientierung in der Behandlung hypertensiver Erkrankungsformen, lässt aber auch weiterhin Fragen offen, die wissenschaftliche Studien in Zukunft erforderlich machen.

Andrea Ramsell

S3-Leitlinie Fetale Überwachung

Was bringt die S3-Leitlinie »Fetale Überwachung« an neuen Empfehlungen? Andrea Ramsell hat als Vertreterin des Deutschen Hebammenverbandes aktiv an der Erstellung der neuen Leitlinie mitgewirkt und die Diskussion begleitet. In ihrem Vortrag geht sie auf die Inhalte der Leitlinie und die Bedeutung der Empfehlungen auf die Praxis ein. Außerdem wird sie über das sogenannte Sondervotum zum Kapitel 10 sprechen, in dem Low-risk-Schwangerschaften definiert werden, das von den deutschsprachigen Hebammenverbänden eingebracht wurde. Anhand dieses Beispiels geht sie auf den Prozess und die Hintergründe ein und erklärt, wie Leitlinienarbeit insgesamt funktioniert und welche Möglichkeiten es gibt, die unterschiedlichen Perspektiven sowohl aus berufspolitischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht einzubringen.

Prof. Dr. Richard Berger

S2k-Leitlinie Prävention und Therapie der Frühgeburt

Was ist neu an der überarbeiteten und im Oktober 2022 von der AWMF veröffentlichten S2k-Leitlinie »Prävention und Therapie der Frühgeburt«? Prof. Dr. Richard Berger, Koordinator der Leitlinie, stellt in seinem Vortrag die überarbeiteten und neuen Themen der Leitlinie vor, wie das neue Kapitel zu den Impfempfehlungen im Hinblick auf die Prävention der Frühgeburt und das neue Kapitel zur Beratung nach Frühgeburt. Einen weiteren Fokus legt er auf die asymptomatischen Infektionen in der Schwangerschaft: Die Therapie der bakteriellen Vaginose und auch die Behandlung von Patientinnen mit vorzeitiger Wehentätigkeit bei intakter Fruchtblase mit Antibiotika senkt die Frühgeburtenrate nicht. Es gibt sogar Hinweise dafür, dass durch diese Intervention die Schwangerschaftsdauer verkürzt werden kann. Abschließend wird er das Thema „Timing der Lungenreife“ beleuchten.

Prof. Dr. Harald Abele

S2k-Leitlinie Vaginal-operative Geburt

Die vaginal-operative Geburt stellt eine der häufigsten geburtshilflichen Interventionen dar. Bis zu 10 % aller Geburten werden mithilfe eines vakuum- oder forceps-assistierten Vorgehens beendet. Dabei sind Indikationsstellung und Technik heterogen. Die Empfehlungen der neuen Leitlinie »Vaginal-operative Geburtshilfe« sollen Grundlage und Rückhalt für die indikationsgerechte Entscheidung zur vaginal-operativen Geburt und ihrer Durchführung sein – wobei nicht beabsichtigt ist, starre Vorgaben zu geben, sondern den Korridor geburtshilflichen Handeln entsprechend des derzeitigen Stands der Wissenschaft und der »aktuellen klinischen Praxis« aufzuzeigen. Immer auch mit der Intention, das ärztliche Handeln unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse der Gebärenden zu leiten. Da die Verteilung von Kaiserschnitten und vaginal-operativen Geburten in einzelnen Ländern und deren Einrichtungen sehr unterschiedlich gewichtet ist, sollte bei der Indikationsstellung zur vaginal-operativen Geburt insbesondere das Ziel verfolgt werden, die Interventionsrate in ihrer Gesamtheit zu senken.

Prof. Dr. Franz Kainer

S2k-Leitlinie Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie

Die peripartale Blutung ist weltweit die dritthäufigste Todesursache der Müttersterblichkeit. Dies betrifft vor allem Entwicklungsländer, aber auch in Industrieländern ist die peripartale Blutung eine der häufigsten Ursachen für peripartale Notfälle. Bei frühzeitiger Diagnose und rechtzeitiger Therapie wären 60 bis 80 % der Todesfälle vermeidbar. Prof. Dr. Franz Kainer präsentiert in seinem Vortrag den neuen Algorithmus und geht auf die wichtigsten Neuerungen im Vergleich zur alten Leitlinie ein.

Prof. Dr. Rainer Rossi

Geburtshilfe und Kinder- und Jugendmedizin – quo vadis?

Wie sieht die globale Ergebnisqualität der perinatalmedizinischen Versorgung in Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Ländern aus? In seinem Vortrag stellt Prof. Dr. Rainer Rossi die Versorgungsstrukturen im Vergleich vor – ausgehend von den epidemiologischen Daten u.a. der OECD und des Global Disease Burden-Projekts der WHO. Momentan erarbeitet die »Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung« Vorschläge zu einer umfassenden Krankenhausreform, in der vor allem ein gestuftes Versorgungssystem vorgeschlagen wird, ähnlich wie dies in anderen Ländern umgesetzt ist bzw. wird. In seinem Vortrag geht Prof. Dr. Rossi auf mögliche Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur für die perinatalmedizinische Versorgung unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten ein.

Patrick Reimund

Geburtshilfe in Zeiten von Krankenhausreform und Personalmangel im Flächenland Schleswig-Holstein

Am Beispiel des überschaubar großen Bundeslandes Schleswig-Holstein lässt sich die Entwicklung der stationären geburtshilflichen Versorgungsstrukturen in den letzten Jahrzehnten exemplarisch darstellen. Die Zahl der betriebenen geburtshilflichen Abteilungen wurde massiv reduziert. Ob eine weitere Zentralisierung der Versorgung sinnvoll oder sogar unabdingbar ist und ob dann eine qualitativ gute flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann, wird aktuell diskutiert.

Veronika Bujny

Eine starke Lobby für die Geburtshilfe. Wie Bündnisse wirken

Die Geburtshilfe befindet sich in prekärer Lage und findet in diesem Land häufig wenig Unterstützung. Wie kann es gelingen, eine starke Lobby für die Geburtshilfe aufzubauen und zu etablieren? Die Verantwortung für den Lebensanfang muss von der Gesellschaft getragen sein. Das kann gelingen, wenn Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft dies unterstützen. Welche neuen Wege müssen Hebammen, Gynäkolog:innen, Pädiater:innen und andere Gesundheitsberufe gehen, um Frauengesundheit zu stärken und Frauen und Familien gut zu versorgen? Wie politisch ist unser Wirken? Veronika Bujny, die sich als Landesvorsitzende des Hebammenverbandes Niedersachsen e.V. viele Jahre politisch für eine Geburtshilfe eingesetzt hat, in der die Frauen und Familien im Zentrum stehen, reflektiert in ihrem Vortrag, welche Akteure in der Gesellschaft und im gesellschaftlichen Netzwerk notwendig sind, damit Geburt und alle mit ihr zusammenhängenden Prozesse im Vorfeld und im Nacherleben für alle Beteiligten gut gestaltet werden können.

Samstag

Prof. Dr. Jan Weichert

Update: NIPT

Die cfDNA-Analyse ist zweifellos eine der maßgeblichsten Neuerungen des frühen pränatalen Screenings, mit hoher Testgüte auf Detektion einer Trisomie 21, 18 und 13. Mehr als zehn Jahre nach ihrer Markteinführung wurde sie mittlerweile auch auf andere genetische Erkrankungen wie Geschlechtschromosomenanomalien (SCA), seltene autosomale Trisomien (RAT), Mikrodeletionen/Mikroduplikationen, strukturelle Chromosomenaberrationen und monogene Krankheiten ausgeweitet. Eine Zukunft, in der das gesamte fetale Genom mithilfe einer einzigen Blutprobe analysiert werden kann, erscheint wahrscheinlich, auch wenn Sinnhaftigkeit und Nutzen in vielen klinischen Szenarien nach wie vor kritisch zu sehen sind. In seinem Vortrag erörtert Prof. Dr. Jan Weichert explizit die Aussagekraft, Limitierungen und generellen Fallstricke des pränatalen cfDNA-Screenings. Dabei geht er insbesondere auf das weitere diagnostische Vorgehen bei einem auffälligen NIPT-Ergebnis ein und thematisiert den derzeitigen und zukünftigen Stellenwert bestehender Screeningkonzepte.

Johanna Hünig

Rizinusöl – veraltete, gefährliche oder zukunftweisende Methode der Geburtseinleitung?

Rund ein Viertel aller klinischen Geburten in Deutschland werden eingeleitet. Neben einer kritischen Reflexion der Indikationen kommt der Wahl der Einleitungsmethoden eine entscheidende Rolle zu. Erhebungen legen nahe, dass Frauen alternative Einleitungsmethoden wünschen und nach Anwendung von Rizinusöl zufriedener sind als nach Prostaglandinen. Die Leitlinie Geburtseinleitung schränkt die Anwendung von Rizinusöl mit Verweis auf mangelnde wissenschaftliche Evidenzen ein. In ihrem Vortrag stellt Johanna Hünig aktuelle klinische Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit von Rizinusöl sowie die Ergebnisse einer aktuellen Querschnittstudie im deutschsprachigen Raum vor, die neue praxisrelevante Aspekte hinsichtlich Applikationsformen, Indikationen, Dosierung und Rezepturen für eine wirksame und sichere Anwendung aufzeigen. Ihr Fazit: Weitere Forschung ist gefragt!

Prof. Dr. Georg Griesinger

IVF – Geburtshilfliche Komplikationen und Outcome der Kinder

Für Schwangerschaften nach In-Vitro-Fertilisation (IVF) bestehen verschiedene erhöhte Risiken wie das der Extrauteringravidität (EUG), insbesondere nach ovarieller Stimulation. Neben einem erhöhten Mehrlingsrisiko treten auch Präeklampsien und vorzeitige Plazentalösungen gehäuft auf. Für die Kinder besteht ein erhöhtes Risiko der Frühgeburtlichkeit, eines niedrigen Geburtsgewichts, der perinatalen Mortalität und für Fehlbildungen. Kein Unterschied zur Normalbevölkerung existiert für die geistige und körperliche Entwicklung. Im Vergleich der intrazytoplasmatischen Spermieninjetkion (ICSI) und IVF gibt es keinen Unterschied im kindlichen Outcome hinsichtlich des Auftretens größere Fehlbildungen. In seinem Vortrag bietet Prof. Dr. Georg Griesinger ein Update zu den geburtshilflichen Komplikationen und zum Outcome der Kinder nach IVF.

Dr. Denise O'Brien | Sinead Thompson

Labour Hopscotch – Gebärende in Bewegung

Wie können Frauen während des Gebärens darin unterstützt werden, mobil zu bleiben? Und wie wirkt sich Bewegung für Mutter und Kind aus? Diese Fragen untersucht ein Forschungsprojekt in Irland. Die Idee: Mithilfe einer App, Plakaten in den Kreißsälen und verschiedenen Angeboten an Möbeln werden die Gebärenden während der unterschiedlichen Gebärphasen motiviert, sich zu bewegen und Gebärpositionen auszuprobieren. Denise O’Brien und Sinead Thompson berichten in ihrem Vortrag von der Einführung in den 19 Entbindungsstationen in Irland. Sie stellen die verschiedenen Phasen und Ergebnisse vor, die sie seit Einführung beobachten konnten – und stellen sich der Frage, was andere Länder aus diesen Erfahrungen ableiten können.

Dr. Caroline Oblasser | Dr. Katrin Oehler-Rahman | Prof. Dr. Christiane Schwarz | Anke Wiemer

Oxford Discussion: Alleingeburt

Warum entscheiden Frauen sich, ohne fachlichen Beistand ihr Kind zur Welt zu bringen? Frauen, die sich für diesen Weg entscheiden, werden konfrontiert mit Emotionen von Zustimmung über Unverständnis bis hin zur Verurteilung – meist als vehement formulierte Meinung. Die Frage ist: Was brauchen Frauen, um einen für sie stimmigen Geburtsort zu finden – wo sie ihr Kind in Sicherheit gebären können? Warum entscheiden sie sich für eine Alleingeburt? Unsere Diskussionsfrage, die wir auch den Tagungsteilnehmer:innen stellen: Ist die Alleingeburt, der Wunsch nach größter Intimität und Selbstbestimmung, ein Weg, den Sie vertreterbar finden? Als Diskussionsbeitrag formulieren vier Frauen zwei Pro- und zwei Contra-Stimmen: eine Gynäkologin, zwei Hebammen und eine Frau, die eine Alleingeburt erlebt hat. Am Ende der Diskussion haben Sie die Gelegenheit, Ihre Stimme abzugeben: Ist die Alleingeburt ein Weg, den Sie vertreterbar finden? Ja oder Nein?

Prof. Dr. Christiane Schwarz

Geburtseinleitung

Die Einleitung der Geburt ist in den Industrieländern eine der häufigsten Interventionen an gesunden Schwangeren. Kann die Geburtseinleitung bei gesunden Einlings-Schwangeren (Kinder-)Leben retten, die Kaiserschnittrate senken und ein besseres Geburtserleben ermöglichen als das Warten auf den spontanen Geburtsbeginn? In der Fachwelt wird nach wie vor kontrovers diskutiert, ob, bei wem, wann und wie eine Schwangerschaft beendet werden sollte, um den größtmöglichen Nutzen und den geringstmöglichen Schaden zu bewirken. Randomisierte, kontrollierte Studien liefern heterogene Ergebnisse, Beobachtungsstudien zeigen andere Effekte, als erwartet. Ebenso komplex ist die Frage nach der bestmöglichen Methode. Medikamente? Falls ja: welche und wie appliziert? Oder mechanische Methoden? Falls ja: welche und unter welchen Bedingungen? Und: Was wünschen sich die Frauen? In diesem Vortrag bietet Prof. Dr. Christiane Schwarz einen kurzen Überblick über ein komplexes Thema.

Prof. Dr. Ute Thyen

Kinder mit besonderem Versorgungsbedarf

Das Spektrum der akuten oder chronischen körperlichen Erkrankungen oder daraus resultierenden Behinderungen ändert sich über die Zeit. Sehr viel mehr Neugeborene und Säuglinge überleben heutzutage trotz zum Teil schwerer angeborener Erkrankungen und erfreuen sich einer guten Lebensqualität. Aber auch die Anforderungen an eine angemessene und zeitgemäße gesundheitliche Versorgung der Kinder entwickeln sich weiter und wachsen an. Niemand ist alleine krank, daher müssen Versorgungskonzepte das Wohlbefinden aller Familienmitglieder beachten. Gemeinsam müssen wir die Herausforderungen für Familie, Gesundheitswesen und Gesellschaft im Blick behalten.

Prof. Dr. Juliane Spiegler

Alkohol-Spektrum-Störung

In Deutschland werden nach aktuellen Schätzungen mehr als 10.000 Kinder im Jahr mit einer fetalen Alkohol-Spektrum-Störung geboren. In ihrem Vortrag geht Prof. Dr. Juliane Spiegler zunächst auf die Epidemiologie ein und erläutert damit auch die Bedeutung der Alkohol-Spektrum-Störung in Deutschland. Sowohl für Gynäkolog:innen als auch für Hebammen und Pädiater:innen ist es relevant, die verschiedenen Formen der Alkohol-Spektrum-Störung – das Fetale Alkoholsyndrom, das partielle fetale Alkoholsyndrom sowie alkoholbedingte-entwicklungsneurologische Störung – und deren diagnostische Kriterien zu kennen und zu verstehen. Wie können die Familien unterstützt und die Kinder gefördert werden? Auf diese Fragen geht Prof. Dr. Spiegler in ihrem Vortrag ein.

Sabine Richter | Ilka Wiebelhaus

L(i)ebenswert – Leben mit schwerbehinderten Kindern

Egal auf welche Weise Eltern von der Behinderung ihres Un- oder Neugeborenen erfahren: Es ist immer ein Schock, verbunden mit Ängsten und Trauer. Trauer, weil dieser Moment auch ein Abschied ist, der Abschied vom erträumten gesunden Kind. Eltern, die die Geburt eines behinderten Kindes verkraften müssen, befinden sich in einem Ausnahmezustand. Wie können Hebammen und Ärzt:innen Eltern in dieser Situation unterstützen? Wie können sie ihre Selbstwirksamkeit stärken? Und welche Wege stehen Eltern offen, die in diesem Moment so verunsichert oder überfordert sind, dass sie sich zunächst kein Zusammenleben mit ihrem Kind vorstellen können? Wie gestaltet sich der Alltag mit schwer oder schwer mehrfach behinderten Kindern? In ihrem Vortrag gehen die erfahrenen sonderpädagogischen Pflegemütter und Sonderpädagoginnen unter anderem diesen Fragen auf den Grund und geben Raum für Rückfragen.